„Diese Sprachnummer“
Tödliches Beleidigtsein
Der Bruder weinend
„Diese Sprachnummer“
Tödliches Beleidigtsein
Der Bruder weinend
Salz in der Suppe
Beinahzusammenstöße
Crashen kann jeder
heavy shoegazing
gimme that jazz sax improv
release me from rock
[Swervedriver – Never Lose that Feeling]
Im Morgengrauen
unter der Sommerdecke
nach Wärme suchen
Neun Tage spaziert
Sonnenaufgang am Brocken
Die Ilse hinab
[Heinrich Heine – Die Harzreise]
Alter Mann mit Hund
Auf dem Fuß folgt die Krähe
dem Hundefutter
Wie die Fußsohlen
bei dem Gehen Schritt für Schritt
durchmassiert werden
Der Text verstörend
Das Video faszinierend
Die Musik schwebend
Neun Stunden screen time
im vergitterten Parterre
Dann raus mit dem Hund
Echte Gitarren
Was hat sie da gesungen?
Wenn die Zeit reif ist
Die Streuobstwiesen
Während der zweiten Runde
gehören sie mir
Auf der Brücke sitzt
der Junge im Lastenrad
Juhu! Die S-Bahn!
a fragile beauty
all we have is here and now
a gracious present
Marienkäfer
hangelt sich den Grashalm hoch
Maus läuft hinter Stein
Die Demokratie
nur in dem Fall gut finden,
wenn sie einem nützt
Schau mal im Westen
wie riesig die Sonne ist
vor dem Untergang
Beim Wort Störgefühl
fühle ich ein Störgefühl,
wenn ich es höre
Das Tempo ganz raus
Die langen Wellen lecken
am Ufer des Sees
Der Orient ruft
Und jetzt alle zusammen
Computer Fade-out
[Ariel Kalma, Jeremiah Chiu, Marta Sofia Honer – Ten Hour Wave (via)]
Der Sommer ist da
Blick zurück nach vorgestern
Nadelnde Lärchen
Am letzten Tag des Urlaubs machen wir noch eine Exkursion in die Lahnberge auf der linken Lahnseite. Über Nacht ist es sommerlich geworden und die Natur ist erblüht. Die Temperaturen erreichen um die 25 Grad, die Sonne, die sich die ganze Woche so rar gemacht hatte, hat sich nun eines anderen besonnen und scheint heute als gäbe es kein Morgen.
Im TEKA-Kaufhaus – sehr sympathisch, dass es sowas noch gibt hier – kaufen wir noch schnell eine Mütze und das Marbuch.
Hinter der Elisabethkirche findet vor dem wegen unzureichendem Brandschutz geschlossenen Mineralogischen Museum, das ursprünglich vom Deutschen Orden als Kornspeicher genutzt wurde, ein Wochenmarkt statt. Wir schlendern über den Markt und spazieren an einem Lahnnebenarm entlang, der zurück in die Lahn fließt, gehen dann über eine Lahnbrücke und überqueren anschließend die Fußgängerbrücke über die vierspurige B3, die sofort auf der anderen Lahnseite in Nord-Südrichtung verläuft. Wir sind überrascht, dass sich in unmittelbarer Altstadtnähe eine viel befahrene, autobahnähnliche Straße erstreckt.
Es geht anschließend einen asphaltierten Weg steil bergauf in den Wald. Dort gehen wir auf dem unter dem Laub immer noch rutschigen Waldweg in Serpentinen hinauf zum Spiegelslusstturm, der auch Kaiser-Wilhelm-Turm genannt wird, weil er wie so viele Aussichtstürme kurz nach der Gründung des Deutschen Reiches gebaut wurde. Man hat von dem mit 400 m höchsten Punkt der Stadt ein schönes Panorama über die Altstadt und das Schloss, von dem Catherine gestern den Turm gesehen hatte und als Ausflugsziel auserkoren hatte. Den Turm ziert das Elisabethherz, das man nachts durch Anruf einer Nummer zum Leuchten bringen kann.
In Süden in der Ferne erkennen wir den knapp 500 m hohen Dünsberg mit dem Fernmeldeturm, an dessen Fuß wir zwei Tage zuvor übernachtet hatten.
Wir steigen die Stufen hinauf zum Turm, die Aussicht nach Osten ist durch die hochgewachsenen Bäume versperrt. Oben im Inneren des Turms hängen einige Zeichnungen von Marburger Ansichten.
Im Wald gibt es Markierungen des MX9, einer Alternative zum Elisabethpfad von Eisenach nach Marburg.
Wir gehen nun weiter auf einem asphaltierten Weg durch den Wald nach Osten bis zum Klinikum, von wo wir einen Bus zum Botanischen Garten an den Gebäuden des neuen Unicampus vorbei nehmen.
Im Botanischen Garten sind überraschend viele junge Leute unterwegs. Wir sehen viele verschiedene Bäume, z. B. chinesische Mammutbäume, aber auch Gingkos, Obstbäume, viele Nadelbäume etc. Man kann die verschiedenen Rinden der Bäume betasten, die Buche sehr glatt, die Eiche sehr zerfurcht etc. Vor dem Bienenhaus herrscht ein reges Summen. Im Waschbärengehege ist niemand zu sehen. Die Tiere ruhen sich von ihren nächtlichen Aktivitäten aus. Im Café stärken wir uns mit einer herzhaften Schinkenwaffel mit Kräuterquark.
Wir gehen nun wieder zurück durch den Wald hinunter nach Marburg, wo wir nach einer knappen Stunde unser Hotel erreichen und unsere dort deponierten Rucksäcke abholen sowie zum Bahnhof gehen. Der Regionalzug hat eine Viertelstunde Verspätung und ist wegen eines fehlenden Wagens knackevoll. Wir finden oben, wo die Temperaturen fast saunahaft sind – Klimaanlage Fehlanzeige, man kann nur wenige Fenster öffnen – noch 2 Sitzplätze. Gegen 20 Uhr sind wir wieder zuhause, wo uns der Nachbar mit Kimba, der Sennenhündin begrüßt.
Zum Schluss noch etwas zum Namen Elisabeth. „Eli“ bedeutet Gott und „Sabeth“ (Sabbat) Sieben. Also „Gott ist Sieben“ oder „Gott ist Fülle“. Oben auf dem Nordturm der Elisabethkirche ist ein siebenzackiger Stern angebracht, der Elisabethstern. Eine kleine Variante mit den drei Elisabethpfaden drauf, habe ich bei der Wanderung um den Hals getragen.
Als nächste Tour bietet sich übrigens der dritte mir noch fehlende ca. 160 km lange Weg von Köln nach Marburg an. Den man auch in der anderen Richtung als Jakobsweg gehen kann. Der gerade neu erschienene Pilgerführer beschreibt den Weg in beiden Richtungen.
Das Wetter schwingt um
Der Weg gleitet unter mir
Ein letzter Anstieg
Noch eine erholsame Nacht in einer Einliegerwohnung. Man fühlt sich in einer eingerichteten Wohnung einfach mehr zuhause als in einem anonymen Pensions- oder Hotelzimmer. Wir kochen uns vier kleine Kannen Tee, futtern Muffins zum Frühstück.
Nach einem Plausch mit unseren Gastgebern an der Haustür, die glaube ich ursprünglich aus Tschechien stammen, geht es auf die letzte, kurze Etappe nach Marburg. Es tröpfelt immer noch etwas, aber der Regen lässt langsam nach und die Sonne kommt im Laufe des Tages raus. Wir können die Regenjacke bald um den Bauch binden, was auch deswegen Sinn macht, weil wir noch einige Steigungen vor uns haben und insbesondere gegen Ende ins Schwitzen kommen.
Der Weg geht auf matschigem Grund bald in den noch lichten Laubwald hinein. Ich komme schnell in meinen Rhythmus, die Beine sind leicht, das walker’s high stellt sich ein. Mitten im Wald mehrere Häuser, ein Freizeitgelände. Wir sehen Jugendliche kommen und gehen.
Es geht nun um den Stadtwald genannten Stadtteil herum. Dort sehen wir ein Eichhörnchen, das einem anderen hinterherjagt. Sie klettern spiralförmig in einem Affentempo den Baum hoch, nehmen keine Notiz von uns. Für ein Foto mit den beiden bin ich natürlich mal wieder zu langsam. La saison des amours est ouverte.
Hinter Stadtwald haben wir einen phantastischen Blick auf das Marburger Landgrafenschloss im Norden.
Es geht nun auf einem schmalen, romantischen Pfad hinab durch eine Wiesenlandschaft mit vielen Bäumen.
Unten liegt Ockershausen, ein Vorort von Marburg mit dörflichem Charakter. Dort im Bücherschrank steht ein Französisch-Deutsch-Französisch Wörterbuch mit 260.000 Wörtern, das ich unbedingt mitnehmen muss. Höchstens fünf Pfund schwer. Von hier geht es steil bergauf an einer vielbefahrenen, kleinen und kurvigen Straße zum großzügig angelegten Marburger Zentralfriedhof, wo u. a. die Theologen Rudolf Bultmann und Rudolf Otto bestattet sind. Wir gehen um den Friedhof herum und laufen nun im Streichen auf einem schmalen Fußweg Richtung Schloss. Es kommen uns hier einzelne Radfahrer in z. T. recht hohem Tempo entgegen, die sich nicht mal dafür bedanken, dass wir ihnen netterweise den Weg frei machen.
Im Schlosspark ruhen wir unsere müden Glieder auf einer Liegebank aus und trinken etwas Wasser, es gibt in dem Moment nichts Entspannenderes als sich in die Horizontale zu begeben und den Vögeln zu lauschen. Eine Kindergruppe, die zum Schloss hochgestiegen ist, hat die Liegebänke auch für sich entdeckt.
Wir gehen einmal ums Schloss, man hat einen Blick auf die Neustadt, gegenüber ist der bewaldete Hügel mit dem Spiegelslustturm. Im Innenhof des Schlosses eine Steinmetzarbeit, wo u. a. Elisabeth dargestellt wird, wo sie den Bedürftigen zu essen und zu trinken gibt.
In der Elisabethkirche, deren Südteil mit Elisabeths Grab und der Jesusskulptur von Barlach wegen Renovierung immer noch geschlossen ist, lassen wir uns den finalen, dunkelblauen Pilgerstempel geben. Aufgrund der meist geschlossenen Kirchen ist der Pilgerausweis recht leer geblieben.
Wir schlendern durch die Altstadt, machen ein bisschen Shopping und kommen zur Universitätskirche, wo es eine Kunstausstellung mit Zeichnungen von Iris Kramer gibt. Dazu gibt es Texte der Künstlerin in Gedichtform. Ein interessantes Konzept, das ich gut gelungen finde, einige Zeichnungen werden für mich erst richtig durch die Texte erschlossen.
Abends gehen wir Galettes essen und Cidre trinken in einem urigen kleinen Restaurant nahe der Lahn. Danach lassen wir den Abend ausklingen in einem Lokal im nahegelegenen Weidenhausen.
Der ewig lange Korridor, der zu unserem Hotelzimmer im Anbau führt, erinnert mich stark an die berühmte Szene in dem scheinbar menschenleeren Hotel aus Barton Fink.
Heute alles zu
Regen und Matsch genießen
ganz für uns allein
Eine weitere erholsame Nacht, der Körper hat sich an den Wanderrhythmus angepasst, die körperliche Anstrengung am Tag wird mit der nächtlichen Regeneration belohnt.
Ausgiebiges Frühstück in der Ferienwohnung mit Smoothie, Osterei, großen Kürbiskernbrötchen, Lyoner und Bergkäse, dazu schwarzer bzw. grüner Tee. Zum Schluss Orange mit Joghurt.
Die Wettersituation hat sich nicht geändert. Draußen nieselt es. Gut, dass heute nur eine sehr übersichtliche Etappe auf dem Programm steht.
Da wir auch die nächste Nacht in einer Ferienwohnung verbringen werden und es auf dem Weg keine Geschäfte mehr gibt, gehen wir wieder zum Supermarkt im Ort, wo ich mich im glatten, gefliesten Eingangsbereich fast hinlege. Wir besorgen uns Tortellini, Tomatensauce und geraspelten Käse, die Backwarenverkäuferin „beglückwunscht“ uns noch zu unserer Wetterwahl diese Woche, nächste Woche soll es ja besser werden.
Wir verlassen den Ort auf einer Nebenstraße in Richtung Damm. Dort geht es dann wieder Richtung Waldrand, der Regen wird stärker.
Als wir aus dem Wald heraustreten, ist der Weg völlig vermatscht, wir gehen auf dem schmalen Grünstreifen daneben. Die Bauern sind mit dem Wetter auch nicht zufrieden, da sie nicht raus auf die Felder fahren können, ohne sich festzufahren.
Über uns das glucksende, sprudelnde Gezwitscher der für uns unsichtbaren Feldlerchen, die sich vom Wetter nicht beindrucken lassen.
Im nächsten Ort Niederwalgern gibt es ein Café, das laut der Suchmaschine auf hat, in der verregneten Wirklichkeit jedoch in der Woche nach Ostern geschlosssen ist. Selbiges gilt für die Kirche, die allerdings mit einem „Ostergarten“ aufwarten kann.
Wir beobachten diverses Federvieh, ein Huhn sieht sehr zerzaust aus, die Laufenten rennen aufrecht durch den Regen.
Ebenfalls zu, die Schulkantine, es sind ja Osterferien. Wir stellen uns unter – die Sitzunterlagen sind mal wieder Gold wert – und stärken uns mit einem Apfel.
Der weitere, meist schnurgerade Weg verläuft über den ausnahmsweise mal sehr willkommenen Asphalt. Eine Joggerin überholt uns.
In Niederwalgern reden wir mit einem jungen Bauern. Der Hofladen ist geschlossen, das Restaurant wegen Krankheit ebenso. Die Treppenstufen zur Kirche hoch hätten wir uns auch sparen können. Die Kirche war übrigens vor dem Bau der Elisabethkirche im 13. Jahrhundert die Stadtkirche von Marburg.
Wir kommen heute schon kurz vor eins in unserer Unterkunft an, einer geräumigen Airbnb Einliegerwohnung im Parterre, der Schlüssel liegt im Kasten und wir erholen uns den Rest des Tages im trockenen Warmen.
Lied des Tages: La Gadoue (Serge Gainsbourg)
Umweg durch den Wald
Treckerspuren, Pfützen, Matsch
Eine Rutschpartie
Ich wache morgens um halb sechs nach 7 1/2 Stunden Schlaf auf. Ein schon lange nicht mehr dagewesenes Gefühl der Ausgeschlafenheit macht sich breit. Irgendwann holt sich der Körper, was er braucht.
Wir frühstücken unten in der Gaststube und quatschen dabei mit dem Gastwirt. Er ist zwischen den beiden deutschen Staaten aufgewachsen. Beim Opa im Osten verbrachte er viel Zeit. Im Gegensatz zu seinen Eltern wurde er bei den Grenzübertritten nie kontrolliert. Vitamin B. Es hört sich so an, als hätte die innerdeutsche Grenze für ihn nie existiert. Später machte er eine Fleischerlehre und war bei der Bundeswehr in der Garnisonsstadt Wetzlar Feldwebel der Küche. Eine Zeit, die er nicht missen möchte. Er scheint das Bedürfnis zu haben, uns das zu erzählen, wir haben nicht danach gefragt.
In Fellingshausen kaufen wir im Bäckerladen Brötchen und Leberwurst für unterwegs. Vor der Kirche und oben im Wald fallen die liebevollen Arrangements mit Osterhasen, Ostereiern und Grün auf. Ein heruntergefallenes Ei im Wald hängen wir wieder auf. Die Namen der Familien stehen daneben.
Der Weg führt uns im Streichen durch den Wald, den Abstecher zum 500 m hohen Dünsberg mit der TV-Antenne sparen wir uns wegen des miesen Wetters, heute regnet es noch etwas mehr als gestern, sonnige Abschnitte sucht man vergebens. Außerdem macht der Biergarten, der uns in Wetzlar im Hotel empfohlen worden war, erst nachmittags auf.
Von einem Waldparkplatz begrüßen uns Einheimische und wünschen uns aus der Ferne einen guten Weg. Es geht nun auf sehr matschigem Pfad umständich durch den Wald, wir verlieren kurzzeitig den Weg und kommen in Krumbach an, wo die Kirche geschlossen ist. Neben der Trauerhalle auf dem Friedhof stehen überdachte Bänke, wo wir unsere Apfelpause machen.
Hinter Krumbach geht es wieder in den Wald, eine Schutzhütte mit einer schönen Sicht auf Wald, Wiesen und Felder lädt uns ein. Allerdings sind die Bänke so eng an die Tische gebaut, dass man sich kaum an sie setzen kann. Man merkt förmlich wie unmotiviert die Handwerker beim Bau gewesen sein müssen.
Auch in Kirchvers ist die Kirche geschlossen. Versperrte Türen werden uns den ganzen Tag begleiten. Hier schmieren wir uns auf einer Bank im Wohngebiet unsere Leberwurstbrötchen. Die ganze Zeit über bellen zwei Hunde auf einem von uns nicht einsehbaren Nachbargrundstück vor uns. Auch von dem Hundegebell kriegen wir heute noch mehr als genug. Ich versuche immer, auf die Tiere einzureden und sie zu beschwichtigen, das führt aber eher selten zum Erfolg.
In Weipoltshausen rufe ich beim Heimatmuseum an, wo Dokumente und ein Film zu Elisabeths Leben zu sehen sind. Es meldet sich die Tochter, die Mutter arbeitet noch, das Museum wird erst 18 Ubr geöffnet. Schade, dabei hätten wir heute Zeit gehabt.
In Altenvers gibt es die einzige Hufeisenkirche – Apsis in Hufeisenform – Deutschlands. Ich rufe drei Nummern aus dem Pilgerführer bzw. Internet an. Es geht niemand ran bzw. ich höre „Kein Anschluss unter dieser Nummer.“ Auch die beiden Nachbarn, die einen Schlüssel haben sollen, öffnen nicht bzw. sind in Urlaub.
Die kleinen Orte voller Fachwerkhäuser sind zwar schön und schnucklig, aber auch ziemlich verlassen, man möchte hier nicht tot überm Gartenzaun hängen.
Im Wald hören wir knackende Äste. Ein dunkelbraunes Eichhörnchen rast einen Baum hoch, zwei Rehe ergreifen die Flucht.
Der Weg heute eher eine Zumutung, wir haben Glück und fallen nicht in den Modder, in wenigen Fällen haben wir aber auch bessere Alternativen gefunden.
Heute Nacht schlafen wir in einer Ferienwohnung in Lohra 2 km abseits des Elisabethpfads westlich von Damm. Der Hausherr ist sehr nett und erklärt uns alles, bittet um eventuelles Feedback, da er betriebsblind sei. Als Gruß des Hauses gibt es neben Mineralwasser und dem Gummibärchen-Betthupferl Rotkäppchen-Sekt. Der Preis für die Unterkunft ist sehr moderat.
Wir essen im einzigen Restaurant im Ort. Meine Dorade ist riesig. Ein eher misslungener Wandertag findet ein versöhnliches Ende.
Fachwerkkleinode
Der April macht, was er will
Pause gibt Power
Der Tag beginnt mit einem fürstlichen Frühstück im Hotel, dem bis dato Besten auf der Wanderung. Die Hintergrundmusik wird von einem mir unbekannten Radiosender bestritten und sie spielen It’s My Life von Talk Talk, es gibt wenige Lieder, die morgens bessere Laune machen. Auf Englisch würde man sagen uplifting.
Wir gehen auf demselben Weg hinunter in die Altstadt, dort dann den Avignonpark runter, wo ein toter Steinkrieger zum Gedenken ruht.
Im Jerusalemhaus hatte sich das Vorbild für den Werther am 30.10.1772 im 2. Stock mit einer Pistole erschossen, das Bild fehlte uns noch in der Sammlung.
Wir gehen durch die Fußgängerzone, kaufen Proviant ein, holen uns den Pilgerstempel im Dom und bewundern die schöne Altstadt von Wetzlar. Auch wenn es sicher weniger Fachwerkhäuser als in Celle (s. Heidschnuckenweg) sind, so sind sie mindestens genauso beeindruckend.
Über die Lahnbrücke geht es hinaus aus der Stadt, bald überqueren wir noch die Dill, die in Wetzlar in die bedächtig dahinfließende Lahn fließt, an der wir dann später, nachdem wir eine unübersichtliche Straßenkreuzung durch eine Unterführung unterquert haben, noch ein Stückchen lang nach Westen gehen.
Der Weg steigt nun an zum Kloster Altenberg. Meine Beine sind schwer. Das Wetter ist heute wechselhaft, der Jahreszeit entsprechend. Wolken türmen sich auf, es regnet immer wieder in kleinen Schüben, dann kommt die Sonne raus. Der April macht, was er will. Auch die Temperaturen sind normal, auf jeden Fall nicht zu warm, meine Hände sprechen da eine eindeutige Sprache.
Am Kloster Altenberg machen wir eine Obstpause. Hier haben sie den Freistaat ausgerufen. Das Mutterhaus der Diakonissen war in Königsberg, nach dem Krieg gab es einen Neuanfang in Berlin und schließlich den Neuaufbau des Klosters hier. Das Kloster ist geschlossen, dafür haben wir eine gute Sicht. In der Ferne zeichnet sich im Südwesten der Limburger Dom in 35 Km Luftlinie Entfernung ab.
Im Kloster Altenberg machte Elisabeth mit der zweijährigen Gertrud – von Marburg kommend – 1229 Station. Gertrud wurde dort von den Prämonstratensern erzogen, wurde später Chorfrau, trat in die Fußstapfen ihrer Mutter, indem sie Siechenhäuser gründete und ist hier begraben.
Nach diesem Abstecher geht es jetzt wieder nach Osten über zum Teil matschige Wege. Um uns ein weißes Blütenmeer, der Weißdorn blüht. Wir gehen kurzzeitig auf einer Bergwerksroute, hier wurde früher Eisenerz abgebaut. Vor uns ein großes Fabrikgelände, es ist von Buderus Edelstahl. Ein am Straßenrand parkender litauischer Lkw-Fahrer entgegnet unseren Gruß nicht. Der Weg an der Straße wegen des Schwerlastverkehrs weder schön noch ungefährlich.
In Hermannstein halten wir in einem Café draußen unsere Mittagsrast. Es ist Halbzeit sowohl was den Tag auch, was die Wanderung insgesamt angeht. Wir passieren die 1377 vom Landgrafen von Hessen erbaute Wehrburg gegen die Grafen von Solms. Nach der Pause sind die Lebensgeister wieder da, die schweren Beine plötzlich federleicht.
Wir haben etwas Schwierigkeiten hier wieder auf den Weg zurück zu kommen, der nicht direkt an ihr vorbeiführt.
Nun verschlechtert sich das Wetter wieder, es fängt an, zu regnen. Vor uns geht eine junge Frau, die wir langsam überholen, links von uns ist ein riesiger Steinbruch. Der Weg geht abwechselnd durch Felder, Wiesen und Wald. Auf einer Wiese vor einem Hochstand laufen zwei Rehe flink rechts hoch in den Wald, als ahnten sie, dass das eine für sie gefährliche Stelle ist.
Wir machen eine Trinkpause bei einer Schutzhütte, von denen es hier so einige gibt. Der Weg ist immer wieder sehr matschig, selbst unter den Blättern kann es sehr rutschig sein.
Was die Markierungen angeht, habe ich zunehmend das Gefühl, dass so und so viele Plaketten vorliegen und die so schnell wie möglich angebracht werden müssen, völlig egal wo.
Wir kommen nun zu einer Kreuzung von sechs Wegen. Ein älterer Jogger kommt uns in gemächlichem, gleichmäßigen Tempo von der anderen Seite die Steigung hoch entgegen. Hier stand bis 2002 die riesige, um die tausend Jahre alte Dicke Eiche, die am Ende an Altersschwäche zusammenbrach.
Hier findet seit 1878 bei schönem Wetter – zuletzt zu Christi Himmelfahrt – ein Waldgottesdienst statt. Es ranken sich diverse Legenden um den Baum, die meist um einen in der Nähe lebenden Einsiedler kreisen.
Von hier geht es abwärts zu den paar Häusern von Haina (Rosenwunder) und dann durch Bieber. Es ist nun nicht mehr weit zu unserem Zielort Fellingshausen, wo uns unsere Gastwirtin kurz vor sechs schon erwartet. Sie hat exakte Vorstellungen, was das Essen angeht (Hackbraten mit Bratkartoffeln und Salat) als auch, was das Timing betrifft. Wir haben gerade eine halbe Stunde Zeit, uns frisch zu machen, bevor das Mahl beginnt. Die beiden Gläser erfrischend kühle Urweisse sorgen für die nötige Entspannung nach der doch recht anstrengenden Etappe.
Freund, so du etwas bist, so bleib doch ja nicht stehn: Man muß aus einem Licht fort in das andre gehn.
Angelus Silesius
Gut ausgeruht starten wir mit grünem Tee und dem „Osterlammkuchen“ mit Zitronengeschmack in den Tag. Draußen regnet es. Der Wetterbericht verheißt keine Besserung. Allerdings werden wir Glück haben, ein wirklicher Schauer wird uns erspart bleiben, die paar Regentropfen können uns nicht aus der Bahn werfen.
Auf dem Hof gibt es momentan rund 50 Pferde, die dort zur Pension sind. Offenbar ein gutes Geschäft für beide Seiten. Auch bei Wind und Wetter sind die Pferde draußen. Aber Ställe gibt es natürlich auch.
Wir gehen an der Straße hinab nach Cleeberg, einen schönen Fachwerkort mit Burg und Dorfkirche. Lokale oder Geschäfte sucht man vergeblich bzw. haben inzwischen zugemacht, Die Leute, die hier wohnen, sind entweder Rentner oder arbeiten in Wetzlar, Gießen oder Butzbach und schlafen hier.
Wir kommen bald in den Wald oberhalb von Cleeberg. Die Wege sind weich, aber noch ganz gut begehbar. Bald kommen wir zum Napoleonstock, wo Teile des französischen Heeres beim Rückzug vorbeigekommen sein sollen.
Es geht ein Stück an der Straße entlang, dann nach rechts über eine Wiese in Richtung der Felder. Über uns zwitschern mal wieder die Feldlerchen ihr charakteristisches Lied, man sieht sie nicht, sie sind oberhalb der tief hängenden Wolken. Wir schrecken die kleinen Goldammern mit dem gelben Kopf auf, die auf den Feldern sitzen und vor uns wegfliegen.
Wir verpassen einen Abzweig und gehen versehentlich Richtung Vollnkirchen, das plötzlich vor uns liegt, bemerken den Fehler aber schnell.
In Volpertshausen kommen wir am Heimatmuseum vorbei, wo Goethe am 9.6.1772 bei einer Ballnacht die Bekanntschaft der bereits verlobten Charlotte Buff machte, was ihn nicht davon abhielt, doch sein Glück bei ihr zu versuchen. Das Ergebnis kennen wir, die Leiden des jungen Werthers.
Volpertshausen ist heutzutage in der Gegend bekannt für seine italienische Eisdiele, wo wir uns bei einem Cappuccino und Apfelstrudel mit Vanilleeeis aufwärmen.
Hinter Volpertshausen fängt es nochmal etwas zu regnen an, aber wir kommen relativ trocken bis zum Klinikkomplex am Ortseingang von Wetzlar, wo zum Regen auch noch Wind kommt.
Eine kleine Odyssee durchs Gewerbegebiet nebst Baustelle führt uns gegen 14h30 zu unserer Unterkunft, einem großen Hotel in moderner, kubischer Architektur. Wir bekommen zwei Eintrittskarten für das Leitz-Museum nebenan, die wir nicht nutzen. In Wetzlar werden weiterhin Kameras von Leica in einer Manufaktur nahebei gefertigt.
Ich begebe mich bald in die geräumige Sauna mit Blick auf die umliegende Landschaft im 4. Stock, da der Regen sich jetzt wieder intensiviert hat. In der Sauna, die rund 85 Grad heiß ist, verbrenne ich mir die Füße, da der Boden doch tatsächlich gefliest ist.
Gegen halb fünf gehen wir die knapp drei Km bergab ins Zentrum. Die Sonne kommt nun vor uns im Westen raus und verschönt uns den Abend.
Durch den einzigen von der Stadtmauer erhaltenen Turm geht es in die sehenswerte Altstadt.
Goethe hat hier am Reichskammergericht, dem damals höchsten Gericht, ein Praktikum absolviert, sich aber wenig für die Jurisprudenz erwärmt und stattdessen lieber gefeiert. Das Vorbild für den Werther war Karl Wilhelm Jerusalem, ein Bekannter Goethes, der sich am 30.10.1772 wegen einer unglücklichen Liebe in Wetzlar erschoss. Das Jerusalemhaus, wo dies geschah, kann man besichtigen.
Direkt am Marktplatz liegt der Wetzlarer Dom, eine in verschiedenen Stilen erbaute Kirche. Ein Grund hierfür war der Bankrott der Stadt 1370. Der Dom wird bis heute von Katholiken und Protestanten gleichzeitig genutzt.
Wir begeben uns zur urigen Rathausschänke, wo wir oben an einem Zweiertischchen den Blick raus auf den Markt und runter zum Tresen haben. Wir stärken uns mit Schnitzel und Weißbier, das Lokal ist gut besucht und die Bedienung fix.
Zurück geht es wieder die knapp drei Km hoch zum Hotel, wo wir bald in den wohlverdienten Schlummer fallen.
Die Vorhut: Reiter
Die Magnolie blüht auf
Smalltalk mit Schäfer
Die erste Nacht recht kurz, die Matratzen zu weich, gegen halb drei mitten in der Nacht kommen Gäste, Türen werden geschlagen. Das Frühstück ausgiebig, u. a. mit viel Paprika, die Pensionsmutter Ungarin; sie sorgt sich ausgiebig um unser Wohl.
In Neu-Anspach habe ich keinen Erfolg, was den Pilgerstempel angeht. Im evangelischen Gemeindezentrum wird gerade die Musikeinlage für den Ostergottesdienst geprobt, ich werde an die katholische Kirche verwiesen, die geschlossen ist. Der Elisabethpfad ist übrigens ein ökumenisches Projekt, das scheint vielen nicht klar zu sein.
Schon gestern fiel es mir auf, heute aber noch deutlicher. Die meisten Leute, die man auf dem Weg trifft, egal ob alt oder jung, egal ob Männlein oder Weiblein, egal ob zu Fuß oder mit dem Rad sind nett und grüßen bzw. bedanken sich, wenn man Platz macht. Das ist schon recht auffällig.
Das Wetter heute phantastisch, die Sonne kommt im Laufe des Tages immer mehr raus, es sind bestimmt 15 Grad. Der Weg ist allerdings häufig matschig, es hat über Nacht geregnet. Regenwürmer scheinen aus dem Asphalt zu wachsen. Es geht über einen noch nicht fertiggestellten, noch zu asphaltierenden Weg, wir haben nach einer Weile schwere Lehmklumpen an den Füßen. Außerdem treffen wir häufiger auf Reiter, der Elisabethpfad wird hier auch als Reitweg genutzt, entsprechend tief ist das Geläuf.
Immer am Waldrand entlang geht es nach Usingen, der Weg zieht sich etwas, wir kommen scheinbar kaum voran. Im Wald ein Bauwagen mit Rastbank. Hier haben sich Kindergartenkinder ausgetobt.
In Usingen blühen die Magnolien. Der Besitzer sagt uns freudig, dass sein Baum pünktlich zu Ostern angefangen hat, seine Blütenpracht zu entfalten.
In der evangelischen Kirche bekommen wir endlich den ersten Stempel bzw. so etwas Ähnliches. Ich frage die Küsterin und sie gibt uns zwei Aufkleber, die wir in den Pilgerausweis kleben können. Anscheinend werden die Stempel gelegentlich mitgenommen. Es ist eine schöne, schlichte Kirche mit den Konterfeis der 12 Apostel, die an der Empore angebracht sind.
Als wir aus der Kirche heraustreten, läuft uns der Pfarrer hinterher. Er fragt nach unserem heutigen Ziel und meint, das wäre ja noch ein gutes Stück.
Von Usingen geht es weiter ins nahegelegene Eschbach und dann hinauf zum Bergkamm zu den ca. 12 m hohen Eschbacher Klippen aus Quarzgestein. Hier sind einige jüngere Kletterer dabei, sich angeseilt den Felsen langsam hochzuarbeiten.
Wir machen hier eine Pause auf einer Rastbank, wo wir Catherines leckeren Zitronenkuchen futtern, eine Gastwirtschaft gibt es hier nirgends. Neben uns Holz, das wie für ein Osterfeuer aufgeschichtet ist, die Einheimischen nennen es „Hexenhäuschen“.
Nun geht es ein längeres Stück mitten durch den Wald. Der Weg wird später etwas unwegsam, ist von umgekippten Bäumen versperrt, die man umgehen kann. Am Wegrand blüht es weiß. Erst eine, dann drei, dann ganz viele Blüten. Das Auge ist erfreut.
Wir kommen nun bei Hasselborn zur Bahnlinie, wo eine lokale Kleinbahn des RMV fährt. Parallel zu den Gleisen kommen wir zu dem Anglerparadies Kuhschwanzweiher. Hinter der Bahnunterführung sehen wir, wer die Ursache für die lauten Tiergeräusche ist, die wir unten von der anderen Bahnseite vernommen haben. Es ist eine riesige Schafherde – ca. 500 Tiere – mit vielen putzigen Lämmern. Wir sprechen mit dem jetzt schon dunkelbraunen, wettergegerbten, älteren Schäfer. Sie sind zu zweit. Der Jüngere sieht ziemlich verwegen aus mit seinem breitkrempigen, dunklen Hut, assoziiert den schweigsamen Cowboy. Einen der drei Hütehunde streicheln wir ausgiebig.
Es geht nun erstmal weiter an der Bahnlinie lang, dann unterhalb einer Kuhweide zum Wald. Die Markierungen übrigens immer auf offener Strecke gut, wenn man sie nicht braucht, aber wehe es gibt einen Richtungswechsel, den kann man als kompetenter Wanderer ja locker antizipieren. Gut, dass ich die Wander-App habe.
Im Wald erwartet uns ein längerer Anstieg, der nicht enden will. Wir fiebern dem Ende der Etappe entgegen. Kurz nach halb sechs kommen wir völlig erschöpft an unserem Ziel an. Es begrüßt uns ein gutmütiger Leonberger, der uns ausgiebig beschnüffelt. Wir nächtigen heute auf dem Hof Jagdhaus im Wald 1 km von Cleeberg. Ein Viergenerationenhof, unter uns wohnen die Großeltern. Es ist ein Reiterhof, Hühner gibt es natürlich auch.
Da auch in Cleeberg alle Esslokale für immer geschlossen haben, versorgen wir uns im Hofladen mit Eiern, Nudeln und Chili con carne mit Huhn und bereiten dies in unserer offenen Küche dann zu einem Festmahl zu.
Leute mit Hunden
Auf schmalem Pfad hoch hinaus
Eine Rehherde
Gegen 9h20 sind Catherine und ich soweit und es kann losgehen mit dem Elisabethpfad Teil 2, dieses Mal direkt von zuhause, also Niederhöchstadt, nach Marburg. Wir haben eine Woche Zeit. Das Wetter ist bedeckt, die Temperatur bei elf Grad. Im Laufe des Tages werden sogar 15 Grad erreicht, vom angekündigten Saharastaub kriegen wir allerdings nichts mit, auch wenn es etwas diesig ist. Im Südosten sieht man die Frankfurter Skyline in ca. 10 km Luftlinie Entfernung. Regnen wird es nicht. Anfangs treffen wir am heutigen Karsamstag nur Leute mit Hunden, das ändert sich später.
Wir stoßen nach ca. 40 Minuten auf den Elisabethpfad im Wald unweit der Tennisplätze an der Straße von Steinbach nach Oberhöchstadt. Es geht am Waldrand entlang, links von uns eine große Pferdekoppel, der Weg steigt leicht an. An einer Fußgängerampel überqueren wir die B455, die Bundesstraße, die den Taunus von Westen nach Osten durchzieht. Auf der extra für uns angelegten Rampe an der Nordseite, die uns wieder in den Wald führt, treffen wir auf zwei Schnecken, deren stetiges Dahingleiten wir uns zum Vorbild nehmen wollen.
Nach etwa 2 Stunden kommen wir zum Informationszentrum Hohe Mark, wo schon so einiges los ist, insbesondere die Mountainbiker machen hier eine Rastpause. Wir trinken draußen einen Capuccino und essen eine Kleinigkeit, Catherine einen Salat, ich Bratkartoffeln. Über eine Fußgängerbrücke geht es erneut über die L3004, hier haben um die Zeitenwende die Kelten gelebt, es wurden Überreste ihrer Siedlungen und ein Grab gefunden. Tacitus hat den Taunus in seinem Büchlein Germania erwähnt, auch wenn unklar ist, ob er damit exakt dasselbe Mittelgebirge wie heute meinte. Der Taunus hieß bis vor nicht so langer Zeit die Höhe, daher der Zusatz zu vielen Ortsnamen wie z. B. Bad Homburg vor der Höhe. Wir kommen an hohen, immergrünen Bäumen mit einer sehr charakteristischen, zerfurchten Rinde vorbei, es sind Lebensbäume (Thuja).
Wir gehen hier ein Stück auf der Elisabethschneise, die 5 km vom Jagdschloss der Landgräfin Elisabeth (19. Jahrhundert) vor den Toren Bad Homburgs bis zum Sandplacken am Limes verläuft. An der Seite der nach ihr benannte Elisabethenstein, eine Felsformation, die direkt auf dem Weg liegt und teilweise gesprengt wurde. Man beachte, diese Elisabeth hat nur den Namen gemeinsam mit der mittelalterlichen, heiligen Elisabeth, die in Marburg begraben ist.
Im Wald immer wieder große Kahlschlagsflächen und entwurzelte Bäume. Für den Borkenkäfer ein gefundenes Fressen.
Die Wege gehen oft geradeaus bis zum Horizont. Man meint, es sind vor und hinter einem in unmittelbarer Nähe andere Wanderer, die in Wirklichkeit hunderte Meter entfernt sind. Diese Wegführung demotiviert etwas, da man meint, nicht vorwärts zu kommen.
Catherine macht mich darauf aufmerksam, dass große Flächen mit Fingerhut bewachsen sind. Das wird später im Jahr dann ein blaues Blütenmeer im Wald ergeben.
Links vom Hauptweg geht es nun fast querfeldein hinauf zum Marmorstein mit diversen auffälligen Steingruppen. Wir erreichen mit 580 Meter das Dach dieses Elisabethpfades.
Der Weg ist bis jetzt relativ gut markiert, auch wenn die rote Farbe teilweise verwittert ist. Er verläuft meist auf diversen lokalen Wanderwegen.
Auf den Kahlschlagsflächen wird teilweise wieder aufgeforstet. Mischwald lautet die Zauberformel, die den Wald dem Klimawandel gegenüber resilienter machen soll.
Plötzlich führt uns die Markierung rechts ab vom Hauptweg steil bergab, gut, dass wir die Wanderstöcke dabei haben. Catherine ist bald weit vor mir. Wir kommen im Hessenpark an, einer Ansammlung historischer Gebäude, die man hergerichtet hat zu Besuchszwecken.
Hier leisten besorgen wir uns in der Bäckerei Kaffee und Käsekuchen und setzen uns zu einer Drei-Generationen-Familie mit Hund. Catherine kauft sich außerdem ein Brillenetui aus Nussholz, das in den Oberurseler Werkstätten hergestellt wurde.
In einem anderen Haus ist eine Ausstellung zu russischen Kriegsgefangenenlagern. Es sind Alltagsgegenstände ausgestellt, häufig Zigarettenutensilien und Schachspiele. Auch die Madonna von Stalingrad von Kurt Reuber azs Wuxhmannshausen (s. Bericht von ersten Elisabethpfad) ist hier ausgestellt, zudem ein Bild von Weihnachten in Workuta, wo eingefallene Gesichter im Kerzenschein am Tisch sitzen.
Auch der Heimkehr der Zehntausend 1955 wird gedacht, die auf der Strecke von Herleshausen nach Friedland von Menschenmassen am Straßenrand willkommen geheißen wurden.
Wir haben jetzt noch knapp 4 km nach Neu-Anspach, wo wir in einer recht gut ausgelasteten Pension übernachten werden. Auf dem Weg durch die Felder zwitschern über uns die Feldlerchen. Die ersten gelben Rapsblüten strecken ihre Köpfchen hervor. Rechts von uns erstreckt sich der Segelflugplatz. Auf der Wiese äst eine Gruppe von sechs Rehen.
Abends essen wir gut und preiswert in einem asiatischen Imbiss. Nach der deliziösen süß-sauren Pekingsuppe nehme ich Bami Goreng, ein Lieblinsgericht aus meiner Jugend, Catherine gebratene Garnelen mit Gemüse und Reis.
In einer Höhle
Eine Sirene sprechsingt
Es läuft ein Western
[Golden Bug & the Limiñanas feat. Anna Jean – L’effet domino]
Legalisierung
Schon zweiundachtzig Thema
Jetzt ist es soweit
[UB40 – Forever True]
Zu Fuß auf dem Weg
Paralleluniversum
Zurück zur Natur
Auf den Handflächen,
nicht auf den Fingerspitzen
Der verschärfte Hund
Draußen tröpfelt es
Der Mittelweg ne Rutschbahn
Hoppla, ich falle!
Der Regenbogen
und sein blässlicher Schatten
von Büschen verdeckt
Hinter dem Bahndamm
verblasst in Windeseile
der Regenbogen
Zwischen den Pausen
Geheimnisvolle Töne
Free Jazz Crescendo
Diebische Freude
jeden Tag die ganze Welt
neu zu entdecken
Gemeinsam singen
von harten Schicksalsschlägen,
vom Verlassensein
[Pastor Thomas Lee Barrett & the Youth For Christ Choir – Nobody Knows (via)]
Während eines Staus
immer auf der Spur fahren,
die geschlossen ist
Sobald es hell ist
verstummt die Amsel völlig
Himmlische Ruhe
Ne halbe Stunde
das Ergometer treten
Hallo Libido!
Abends kurz nach zehn
rufen wir uns zusammen
Das Band zwischen uns
Gimme all that trash
Bait me with noise explosions
Do not sing, just talk
Rund tausend Haikus
Das Lebenswerk von Bashō
Teich. Froschsprung. Platschen.
Seit vierzig Jahren
sich täglich überwinden
Zum Schluss kalt duschen!
Sauge unterm Bett
auf dem Boden liegend Staub
Komme kaum noch hoch
Wir wachen alle
eines Tages als Käfer
auf dem Rücken auf
In Biofeigen
starker Selleriegeschmack
Seltsam, aber cool
Nicht lange fackeln
Eine Himmelsmelodie
Mitten in das Herz
[Lush – Superblast!]
Lush, almost baroque
The keyboard has been drinking
Bass, flute and sax. On!
In der Hand zweier
Gitarrenvirtuosen:
Der Powerfrausong
[James Elkington & Nathan Salsburg – Buffalo Stance (Neneh Cherry)]
Ein sehr persönlicher Dokumentarfilm über und mit der Folkikone. Neben historischen Aufnahmen gibt es Filmmaterial von der letzten Tournee 2018 sowie Tagebücher und Cassettenaufnahmen von Therapiesitzungen. Gerahmt wird das Ganze von Gesprächen mit Joan Baez in der Jetztzeit. Drei Dinge waren immer auffällig an Joan Baez, ihre einmalige, makellose Vibratostimme, ihre klassische, madonnenhafte Schönheit und ihr so natürlich erscheinendes Lächeln.
Hinter diesem Lächeln verbarg sie eine schwere Neurose, die wahrscheinlich mit Missbrauchserfahrungen aus ihrer Kindheit zusammenhängt. Allerdings hat ihr Vater das nie zugegeben und auch sie erinnert sich im Gegensatz zu ihrer jüngeren Schwester Mimi, deren Leben durch den frühen Motorradunfalltod ihres Mannes, des Musikers Richard Fariña, endgültig zerstört wurde, nicht an konkrete Übergriffe. Aber sie fällt im Laufe ihrer Karriere immer wieder in tiefe Löcher, insbesondere als es nach dem Ende des Vietnamkriegs mit dem politischen Aktivismus erst einmal vorbei war. Ihre Beziehungen mit Männern sind keine Erfolgsgeschichten. Während des Woodstock-Festivals 1969 war sie mit ihrem Sohn Gabriel schwanger, der Vater war der Journalist und Vietnamkriegsgegner David Harris, der zu dieser Zeit wegen Wehrdienstverweigerung für 15 Monate im Gefängnis war. Die Ehe hielt 5 Jahre. Mit ihrem Sohn, um den sie sich nicht soviel kümmern konnte wie eigentlich nötig, hat sie sich ausgesöhnt und er spielte bei ihren letzten Tourneen Perkussion.
Was Bob Dylan angeht, so war sie bereits erfolgreich, als er noch ein unbekannter Folkgitarre spielender Junge aus der Provinz war. Sie stellte ihn ihrem Publikum vor. Sehr bald war er im Rampenlicht und stahl ihr die Show. Bob Dylan sagte ihr recht früh, dass ihre Liedtexte künstlerisch schwach und eher banal wären. Man hört im Film trotzdem eine gewisse Wehmut von ihrer Seite heraus, was die gemeinsame Beziehung angeht, die ja damals von der Presse sehr stark ausgebeutet wurde. Ihm war wohl damals seine Freiheit wichtiger als eine feste Beziehung. Sie hat ihn anscheinend mehr geliebt als umgekehrt.
The gloomy eighties
Female voices approaching
Guitars are dreaming
[Four Tet – Skater, thanks to Nick]
Dass eine Gehörlose in Deutschland Bundestagsabgeordnete werden kann, dafür liebe ich dieses Land.
Zum Tagesanbruch
Lautes Vogelgezwitscher
schallt vom Innenhof
Drei Frauen singen
eine Liebeserklärung,
die es in sich hat
[The Joni Project – A Case of You (Joni Mitchell)]
Ein paar Worte zu Touch of Time, dem neuen Album von Arve Henriksen & Harmen Fraanje.
Vor dreißig Jahren
In Limpertsberg, weißt Du noch?
In meiner Küche
Lieblingsohrhörer
haben Fünfzig-Grad-Wäsche
nochmal überlebt
So ein kleiner Ton
Sich selbst ganz zurücknehmend
Aus dem Schilf kommend
Ein reiches Leben
Die Harzreise, für den Stau
So viel Harmonie
—
Aufgehäufte Geschenke
Aufgehübschtes Tagebuch
Hi, Regentropfen!
In mein Tempo reinfinden
Der Regen hört auf
Luzide Flashbacks
Im Gedächtnis verschwimmend
Wir tänzeln im Kreis
[Brian Eno – All I Remember]
Rechts am Rhein abwärts
zu dritt mit drei km/h
bei leichtem Tröpfeln
Nach der Säuberung
als einziger den Hemdfleck
weiterhin sehen
Schilfblätter im Wind
Anschwellendes Vibrato
Den Ton aushauchen
[Charles Lloyd – Defiant, Tender Warrior]
Einfach einschlafen
und dann am nächsten Morgen
nicht mehr aufwachen
Es kommt hart auf hart
Zwischen Bruder oder Freund
und Frau entscheiden
Im Zentrum der Bass
Sonnenstrahlenreflexe
Wie das dahinfließt
[Michael Naura Quartett – Soledad de Murcia]
Schiffchen im Hafen
Wie glitzernde Smaragde
Kleinod, klitzeklein
Und ja: Es ist Krieg.
Und nein: Worte reichen nicht.
Und ja: Wach jetzt auf!
[Die Nerven – Und Ja]
Zwei Menschen am Meer
Acrylfarben, zerlaufend
Segelboot vorm Wald
[Kronberger Malerkolonie: Transzendenz (Rüngeler, Hackemann, Reuter, Lioba Lang)]